Wir haben uns vor über einem Jahr in das Abenteuer CoWorkBude gestürzt. Seit einem Jahr ist unsere Bude Realität. Die wichtigste Frage des vergangenen Jahres ist: was hat uns die Bude gelehrt? Eine berechtigte Frage. Denn im Tun und Handeln liegt das größte Lernpotenzial.


Wir haben vieles selbstgemacht in unseren Coworking Space. Alles sollte mit Leben gefüllt werden und hier gibt es einen ungewöhnlich großen Raum. Da gelten andere Gesetze als zu Hause in der kleinen Butze. Die Fantasie ist groß, aber das Geld ist knapp, also waren wir in den Monaten der Renovierung oft im Baumarkt. An einem Tag, als der Einkaufswagen eigentlich schon voll war mit Farbe, Lampen, Werkzeugen, sind wir über unsere inzwischen allseits bekannte, markante Uhr quasi gestolpert. Ein Riesending! Sie stand als Eyecatcher an der Seite des Hauptganges. Wir fanden sie gut im Sinne von optisch schön, legten sie oben auf den Einkaufswagen drauf und nahmen sie stolz mit in die Bude. Ich habe die Zeiger dann natürlich gleich rot lackiert – ihr kennt mich! Ich liebe rot! Ich hängte sie an die große freie Wand, für alle CoWorker sichtbar, stellte mich davor, trat einen Schritt zurück, begutachtete, ob sie richtig hing und in dem Moment merkte ich vage und unbestimmt: „Zeit“ ist ein Thema in unserer Bude.

Die allgegenwärtige BudenZeit

Immer die Uhr im Augenwinkel wurde mir in meinen ersten Wochen an meinem neuen Arbeitsplatz bewusst, wie schnell die Zeiger sich drehten, während ich meine selbstgestellten Aufgaben noch nicht fertig hatte. Mein Leben hatte sich verändert. Es war kaum noch Gelegenheit, mich mit Freunden zu treffen oder einen gemütlichen Filmabend auf dem Sofa zu verbringen. Ich begann, mir insgeheim zu wünschen, ich könnte die Zeit anhalten. Oder die rotlackierten Zeiger heimlich rückwärts drehen. Die Versuchung war groß! Jeder Tag füllte sich automatisch! Es gab so viel zu tun! Aber die Zeit lässt sich nicht manipulieren. Verdammt!

Wertvolle Zeit

Ihr kennt das alle! Erst dreht man am Rad, weil man meint, man könnte die Zeit einholen, indem man noch schneller arbeitet. Dann kommt das Gefühl der Erschöpfung. Und die Uhr dreht sich unerbittlich weiter.

Einmal im letzten Sommer fragte mich Julian, einer unser CoWorker, ob wir uns etwas dabei gedacht haben, diese große Uhr dorthin zu hängen. Er fragte ganz neutral. Einfach nur neugierig. Julian stellt immer solche Fragen, deren Sinn sich einem nicht auf Anhieb erschließt. Ich zuckte erst mit den Achseln, aber in dem Moment wurde mir klar, dass unsere Uhr mit den vergangenen Wochen und Monaten zur Mahnerin geworden war: Pass gut auf dich auf! Achte auf deine Zeit! Sie ist wertvoll! Vergeude sie nicht! Aber lass dich auch nicht hetzen! Verlier dich nicht in ihr! Und beachte sie wohlwollend! Und so wurde aus der autoritären Mahnerin sogar eine gute Freundin, die mir den Arbeitsbeginn genauso freudig anzeigt, wie den Feierabend.

Eines steht am Ende fest: Julians scheinbar beiläufig gestellte Frage ist zu einem Puzzleteil des BudenSpirits geworden. Es scheint banal zu sein, was ich gelernt habe: Carpe Diem! Aber wer diese Lektion nicht lernt, für den kann das Leben kompliziert werden.